Mit einem Nebelhorn pünktlich um acht startete die Hamburg Blues Band um Gert Lange das Konzert auf der Bühne in der Festhalle Dudenhofen vor 280 vo0n Beginn an begeisterten Besuchern. Veranstalter war der örtliche Kulturverein. Die künstlerische Leitung liegt seit zwei Jahren in den Händen von Christian Plötz. Er war für den schwer erkrankten Karlheinz Osche in die Bresche gesprungen.
Eigentlich war das Gastspiel schon im September letzten Jahres geplant, musste aber aufgrund einiger gesundheitlicher Probleme bei Bandmitgliedern verschoben werden. Allerdings hatte das auch sein Gutes, denn „The Voice“ Chris Farlowe kommte im Februar dabei sein. 83 Jahre jung ist der kleine Londoner mit der großen Stimme. „Out of Time“ von 1966 war sein erster großer Hit, geschrieben von Keith Richards und Mick Jagger. Natürlich war der im Programm, wurde zum Schluss angestimm.
Zunächst ließen die Hanseaten die Leinen los und setzten Segel. Für viele der zahlreichen Gäste war die neuformierte Rhythmusgruppe um Reggie Worthy und Eddie Filip ein ungewohnter Anblick, bis 2019 gehörte schließlich das Duo Wallbaum/Becker zur festen Besatzung der Bluespiratenkogge. Mit dem ehemaligen Bassisten von Tina Turner, Reggie Worthy und dem Schlagwerker Eddie Filip von Stars wie Alex Conti, Inga Rumpf über Sweet bis Clem Clempson standen zwei langjährige Wegbegleiter von Gert Lange an Deck und sorgten für die richtige Schlagzahl. Mit dem britisch-norwegischen Gitarrist Krissy Matthews hat Lange das „Wunderkind“ der Bluesgitarre verpflichtet. Geboren 1992 könnte er glatt der Enkel von Sänger Gert Lange sein.Mit dem britisch-norwegischen Gitarrist Krissy Matthews hat die Hamburg Blues Band das „Wunderkind“ der Bluesgitarre verpflichtet. Geboren 1992 könnte er glatt der Enkel von Kapitän Gert sein. Zwischen den alten Haudegen wirkt er wie Fähnrich Hornblower auf erster großer Fahrt, aber was er an seiner Gitarre abliefert, beweist, das Alter nur eine Zahl ist. „Foxey Lady“ stammt von Jimi Hendrix und da liegt die Latte für Gitarristen einigermaßen hoch, wird man doch zwangsläufig an dem Präsidenten des traurigen, weil jung verstorbenen „Club 27“ gemessen. Und weil mit Reggie Worthy auch ein Bassist am Start war, der seine Lehrjahre bei Ike und Tina Turner absolvierte, gab es auch noch „Nutbush City Limits“ oben drauf. Damit war das Publikum auf Betriebstemperatur und weil die Band, einmal voll in Fahrt ungern den Anker wirft, ging es ohne Pause in den zweiten Teil des Abends, bei dem Chris Farlowe das Mikro übernahm. Gerade mal 83 Jahre „jung“, absolvierte er mit einer neu formierten Colosseum-Besetzung über 40 Shows in diesem Jahr, dazu kommt die ausgedehnte Runde mit der Hamburg Blues Band, mit der er schon über 500 mal zusammen aufgetreten ist. Abseits der Bühne behilft er sich zwar mit einem Stock, aber sobald das Rampenlicht leuchtet, sind die zwickenden Gelenke vergessen.
1957 startete er seine Karriere in einer Skiffle-Band, wie die Beatles absolvierte er in Hamburgs rauem Hafenviertel Anfang der 60er Jahre die musikalische Grundausbildung und hatte 1966 mit „Out of Time“ seinen ersten großen Hit. Auf dem Rolling Stones-Album „Aftermath“ veröffentlicht, haben Richards/Jagger die Nummer schon mit Farlowes Stimme im Sinn ihm quasi auf den Leib geschneidert. Ein damals junger, unbekannter Studiomusiker namens Jimmy Page hat die Gitarre auf dieser Hit-Single gespielt. Unterhält man sich mit Farlowe blitzt sein leicht skurriler, britischer Humor, mit dem er das Publikum immer wieder zum Lachen bringt, auf. Wenn er jedoch „All or Nothing“ anstimmt, oder die ein oder andere Zeile eines Queen-Songs in ein Medley einstreut, dann gibt es nichts mehr zu Lachen. Dann staunt das Publikum, dass die Stimme auch nach mittlerweile 83 Jahren Blues und Rock immernoch ein umwerfendes Volumen hat. Dementsprechend war auch der Zuspruch: die Festhalle in Dudenhofen war nahezu ausverkauft und am Ende ging das Publikum glücklich nach Hause. Die Stimmen reichten dabei von „spitzen Konzert“ bis „fantastisch“. (Fotos: Marco Magin, Christian Plötz)